Eine weitere Zahl für ein Land im revidierten World Economic Outlook des IWF wird in der westlichen Welt alles andere als positiv ausfallen: Trotz Sanktionen läuft auch die russische Wirtschaft im April besser als erwartet. Lesen Sie auch Land nach dem Wendepunkt
Statt minus 8,5 Prozent gehen Volkswirte für 2022 nun von minus sechs Prozent aus. „Das Öl- und sonstige Exportgeschäft hat sich als stabiler erwiesen als erwartet“, heißt es in dem aktuellen Bericht. Auch die Verbrauchernachfrage aus Russland ist recht gut, auch dank eines stabilen inländischen Bankensektors und Arbeitsmarkts. Quelle: Infografik WELT Betrachtet man diese Zahlen, so ist die Entwicklung im Rest der Welt deutlich negativer – vor allem in den großen Volkswirtschaften des Westens. Für sie zeichnen IWF-Experten ein düsteres Bild für die kommenden Monate. „Leider haben sich viele der Befürchtungen, die wir noch im April beschrieben haben, nun bewahrheitet“, sagt Chefanalyst Pierre-Olivier Gourinchas. Lesen Sie auch Eurojackpot-Aktion online Die Inflation in den USA und Europa ist höher und neue Lockdowns in China schwächen die Wirtschaft des Riesenreichs weiter. Darüber hinaus bremsen hohe Energiepreise, sinkendes Verbrauchervertrauen und anhaltende Probleme bei der Versorgung mit Rohstoffen und einzelnen Ersatzteilen das Wachstum, insbesondere in den großen Volkswirtschaften Europas. Kurzum: Aus Sicht des IWF steht die Welt erneut am Rande einer Rezession – nur zwei Jahre nach der letzten. Daraufhin korrigierte die multinationale Organisation aus Washington, zu deren Hauptaufgabe die Stabilisierung des globalen Währungssystems gehört, ihre Wachstumsprognosen nicht nur für 2022, sondern auch für 2023 sukzessive nach unten. Lesen Sie auch Größter Verlierer unter den großen Volkswirtschaften ist Deutschland. Bereits vergangene Woche wurde bekannt, dass die Ökonomen des IWF für Deutschland im kommenden Jahr nur noch 0,8 Prozent statt 2,7 Prozent Wachstum erwarten, da sie im April-Ausblick weiterhin von einer kompetenten deutschen Wirtschaft ausgehen. Inzwischen ist klar, dass keine andere große Wirtschaftsnation von den jüngsten Entwicklungen in der Krise stärker getroffen wurde als Deutschland. Die Volkswirte des IWF haben ihre Schätzungen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) für Deutschland um 1,9 Prozentpunkte nach oben revidiert. Die zweitgrößte Korrektur der Wachstumsprognosen nahmen sie in den USA vor: Statt um 2,3 Prozent soll das Wachstum im nächsten Jahr nur noch um ein Prozent steigen. Quelle: Infografik WELT Und dies nur, wenn keine weiteren Risiken für die Wirtschaft bestehen. Dazu gehören laut IWF: ein plötzlicher kompletter Stopp der Gaslieferungen von Russland nach Europa, eine anhaltend hohe Inflation, vor allem aufgrund des allgemeinen Arbeitskräftemangels in vielen Industrieländern, und die Zinspolitik der Notenbanken, die vor allem auf eine Erhöhung der Verschuldung hinausläuft Probleme in Schwellenländern. Weitere Risiken sehen Ökonomen in weiteren Coronavirus-Fällen in China, steigenden Lebensmittelpreisen, die zu sozialen Unruhen führen könnten, und einem neuen Nationalismus, der den freien Handel zwischen Ländern und Kontinenten einschränkt. „Wenn einige dieser Risiken eintreten, wie zum Beispiel Erdgas nach Europa fließt, dann wird die Inflation steigen und das Wachstum wird sich weiter verlangsamen“, sagte Gurrinhas. In diesem Szenario würde das Wachstum in den USA und der Eurozone gegen Null gehen, was wiederum negative Auswirkungen auf den Rest der Welt hätte. Der IWF geht weiterhin davon aus, dass die Weltwirtschaft in diesem Jahr um 3,2 % und im nächsten Jahr um 2,9 % wachsen wird.

Zentrale Aufgabe: Bekämpfung der Inflation

Die zentrale Aufgabe der Politik sieht der IWF in der Inflationsbekämpfung. Zuletzt haben die Notenbanken in großen Industrieländern im Frühjahr die Zinsen schneller als erwartet angehoben und damit der Konjunktur Unterstützung durch günstige Kredite entzogen. „Die straffere Geldpolitik kostet das Wirtschaftswachstum, aber jede Verzögerung würde die Schwierigkeiten nur verschärfen“, sagt Gurrinhas. Sie fordert die Zentralbanken dringend auf, die Zinssätze unverändert zu lassen, bis sie die Inflation wieder unter Kontrolle bekommen. Lesen Sie auch Land nach dem Wendepunkt
Die Sorgen des IWF betreffen in diesem Zusammenhang vor allem Schwellenländer, die bereits überschuldet sind und nicht den finanziellen Spielraum haben, den die USA oder Deutschland haben. Die Insolvenzwahrscheinlichkeit ist in vielen dieser Länder in den letzten zehn Jahren bereits von rund 20 % auf 60 % gestiegen. Höhere Zinszahlungen, eingeschränkter Zugang zu Krediten, ein stärkerer Dollar und ein nachlassendes Wirtschaftswachstum erhöhten das Ausfallrisiko weiter. Geht es nach dem IWF, ist in dieser Phase eine enge globale Abstimmung entscheidend, etwa wenn es um Energieversorgung, Ernährungssicherung oder die Vermeidung einer Schuldenkrise geht. Hier können Sie sich unsere WELT-Podcasts anhören Zur Anzeige der eingebetteten Inhalte ist Ihre widerrufliche Einwilligung zur Übermittlung und Verarbeitung personenbezogener Daten erforderlich, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung benötigen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem Sie den Schalter auf „on“ stellen, erklären Sie sich damit einverstanden (jederzeit widerrufbar). Dies umfasst auch Ihre Zustimmung zur Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten an Drittländer, einschließlich der USA, gemäß Artikel 49 Absatz 1 Buchstabe a DSGVO. Hier finden Sie weitere Informationen dazu. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit über den Schalter und Datenschutz unten auf der Seite widerrufen.