Herzog & de Meuron Kritik: „Sklavenzimmer“ löst Shitstorm aus – „Man muss nicht alles bauen“

Die Basler Stararchitekten Herzog & de Meuron wurden gehackt, weil sie die Wohnungen eines Luxuswohnhauses in Beirut mit fensterlosen Kabinen für Hausangestellte ausgestattet hatten. Dies würde ein ausbeuterisches System unterstützen. 1/7 Der von den Basler Stararchitekten Herzog & de Meuron entworfene Wolkenkratzer steht in der libanesischen Hauptstadt Beirut. beirutterraces.com So großzügig die luxuriösen Appartements sind, so spartanisch sind auch die Dienstbotenunterkünfte. Darauf machte ein Schweizer Architekt auf Twitter aufmerksam. Man müsse nicht alles bauen und jeden Auftrag annehmen, kritisiert er. Ihr Tweet wurde vielfach geteilt und begeistert kommentiert. Twitter Der Architekt wirft Herzog & de Meuron vor, mit der Einrichtung der Dienstbotenunterkünfte „das berüchtigte sklavenähnliche System der Kafala“ direkt zu unterstützen. Herzog & de Meuron

Ein von den Stararchitekten Herzog & de Meuron entworfener Wolkenkratzer in Beirut ist unter Beschuss geraten. Das Gebäude war mit kleinen Kammern ausgestattet, in denen die Hausangestellten der Pächter wohnten. Sogenannte Dienstmädchen würden teilweise wie Sklaven behandelt, kritisieren verschiedene Organisationen. Laut Kritikern agieren Schweizer Architekten in diesem ausbeuterischen System und machen sich mitschuldig.

Ein nicht einmal vier Quadratmeter großer Raum ohne Fenster: keine Gefängniszelle, sondern die Dienstmädchenzimmer in einem luxuriösen Wohnturm in der libanesischen Hauptstadt Beirut. Die sogenannten „Maid Rooms“ wurden von den Basler Stararchitekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron entworfen und realisiert. Beirut Terraces heißt der 119 Meter hohe Wohnturm, der 2017 fertiggestellt wurde. Er besteht aus 130 Wohnungen mit teilweise bis zu 1000 Quadratmetern Größe. Das Gebäude wurde in der Vergangenheit in mehreren Wettbewerben für Auszeichnungen nominiert und wird oft in hohen Rankings erwähnt. Baupläne und Details werden jetzt in sozialen Medien veröffentlicht, die manchmal auf keinem Architekturblog erschienen sind. Zimmer mit der Aufschrift “Maid Room” sind 3,9 Quadratmeter groß. Die Zimmer seien mit Küche und Waschküche verbunden, «damit das Personal unsichtbar bleibt», klagt ein Schweizer Architekt auf Twitter.

“Hausmädchen stehen Arbeitgebern rund um die Uhr zur Verfügung”

Er wirft Herzog-de-Meuron vor, “das berüchtigte sklavenähnliche Kafala-System” durch die Einrichtung der Dienstbotenquartiere direkt zu unterstützen. Amnesty International zeigt in dem umfassenden Bericht „Ihr Zuhause ist mein Gefängnis“ mit dem Finger auf das System, das Hausangestellte ausbeutet. Nach Schätzung der NGO lebten im Jahr 2019 mehr als 250.000 Menschen mit Migrationshintergrund aus afrikanischen und asiatischen Ländern in Privathaushalten im Libanon. Die Betroffenen stehen ihren Arbeitgebern in der Regel rund um die Uhr zur Verfügung und dürfen ohne ihren Arbeitsplatz weder wechseln noch kündigen Zustimmung. Das Kafala-System beschreibt laut Wikipedia ein System von Garantien: Der Arbeitgeber organisiert die Einreiseformalitäten und beschlagnahmt zu diesem Zweck in der Regel den Pass des ausländischen Arbeitnehmers. Ab diesem Zeitpunkt befindet sich der Arbeitnehmer häufig in einem „arbeitslosen, missbräuchlichen“ Abhängigkeitsverhältnis ohne jeglichen Arbeits- und Gesundheitsschutz. In der besagten Akte kritisierte Amnesty International den “Mangel an angemessenem Wohnraum”, dem Hausangestellte ausgeliefert seien. „Ich fing an, Selbstmordgedanken zu bekommen, weil ich die ganze Zeit eingesperrt war“, sagte Sebastian aus der Elfenbeinküste der Organisation.

Herzog & de Meuron hatten ursprünglich andere Pläne

Stararchitekten schlagen auf Twitter los: Mit der Planung und dem Bau von Luxusapartments samt Bedienstetenunterkünften dulden sie das menschenverachtende System. „Man muss nicht alles bauen und jeden Auftrag annehmen, auch wenn es jemand anderes tut“, sagt der Architekt, der die Pläne gepostet hat. Die Kommentare stimmen mit ihr überein. Architekten seien „unanständige Handlanger“, schreibt ein Nutzer. Eine Zürcherin sagt, sie sei die Enkelin eines “Dienstmädchens” und ihre Familiengeschichte sei “jenseits schlimm”. Es macht sie krank, an die Schutzzauber zu denken, die die Schweizer gebaut haben. Auf Nachfrage von 20 Minuten sagte Herzog-de-Meuron: „Für das Projekt Beirut Terraces haben wir dem Kunden verschiedene Ideen entworfen und vorgeschlagen. Aber was hier gemacht wurde, war der ausdrückliche Wunsch des Auftraggebers und wurde nach seinen Anweisungen gemacht.” Leben Sie oder jemand, den Sie kennen, in Armut?