Die Bundesregierung will wegen des massiven Preisanstiegs eine „Strompreisbremse“ einführen. Wie das konkret funktionieren soll, werde im Sommer festgelegt und dann ab Herbst in Kraft treten, sagte er am Mittwoch nach dem Sommerministerrat im niederösterreichischen Mauerbach. Als Grundlage sollen die Vorschläge von WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr dienen. Die von der Regierung geplante „Strompreisbremse“ soll die Grundversorgung mit Energie für jeden Haushalt zu einem sicheren, günstigeren Preis als vor dem Krieg sicherstellen. Dies soll „möglichst unbürokratisch“ geschehen und bundesweit einheitlich sein. Mittelfristig hofft die Regierung auf inflationäre Effekte. Felbermayrs Vorschlag werde derzeit in den zuständigen Ressorts “intensiv” diskutiert, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nach dem Sommerministerrat in Mauerbach. Nehammer betonte, dass es einerseits wichtig sei, den Preis zu bremsen, der Anreiz zum Sparen aber nicht verloren gehe. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) wiederum forderte “mehr Ernsthaftigkeit” in der Debatte. Eine „Holladaro-Strompreisobergrenze“ würde Unsummen kosten und nicht viel bringen. Nicht jede Antwort ist sinnvoll, nur weil sie einfach ist.
Grundpauschale Stromverbrauch
Es sei wichtig, keine Schnellschüsse zu machen, sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Ein gewisser Grundverbrauch soll pauschal zur Verfügung stehen. Details dazu will die Regierung allerdings noch nicht nennen. „Es ist kompliziert“, bat Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) um Geduld. Gewessler begrüßt, dass Bundesländer teilweise eigene Preisobergrenzen festlegen – sie findet es immer gut, wenn auch Bundesländer in ihrem Bereich Verantwortung übernehmen. Darüber hinaus wirbt die Regierung für bereits ergriffene Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung. Die Reform der ökologischen Besteuerung laufe, ab August seien weitere Maßnahmen zu spüren, betonte Nehammer. “Los geht’s”, sagte Kogler. Die Pakete seien viel größer als in anderen Ländern und auch schneller, fügte Finanzminister Brunner hinzu.
Bundesgebäude werden zu Kandidaten-Flaggschiffen
Beim Thema Energiesparen will der Bund mit gutem Beispiel vorangehen, da er der größte Immobilieneigentümer Österreichs ist. Aus diesem Grund richtet die Regierung eine interministerielle Arbeitsgruppe ein, um Maßnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs und zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zur Wärmeversorgung zu entwickeln. Lüftung, Kühlung, Heizung und andere energieverbrauchende Geräte werden ebenfalls optimiert. Eine weitere Verzögerung der CO2-Besteuerung schloss Nehammer aus. Auch ein Tempolimit von 100 km/h ist für Nehammer nicht aktuell: Die Diskussion laufe derzeit nicht. Tempo 100 ist schon keine Seltenheit. Wenn Öl oder Diesel oder Benzin knapp werden, werde die Debatte neu entfacht, sagte Nehammer. Kogler sieht das ähnlich: Bei Mengenknappheit wäre das sicher eine sinnvolle Maßnahme zur Energiesteuerung. Kritik am Vorgehen der Regierung kam von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. „Anstatt die Energiepreisobergrenze endlich zu beschleunigen und den Menschen Erleichterung zu verschaffen, macht die Regierung Ankündigungen und Schlagzeilen“, sagte er auf Sendung. Die Regierung verteidige “Chaos und Dilettantismus”, also sei es Zeit für Neuwahlen.
Kerl
Gewessler: Die Abhängigkeit von Erdgas aus Russland sinkt auf unter 50 Prozent Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) sieht Fortschritte bei der Diversifizierung der Gasversorgung. Die Abhängigkeit von Russland falle “deutlich unter 50 Prozent”, sagte er am Mittwoch nach dem Sommerministerrat. Darüber hinaus kaufte Österreich weitere 12,3 TWh Erdgas für knapp 3 Mrd. €. Mit dem Zuschlag der zweiten Ausschreibung für die Strategische Gasreserve hat die Austrian Gas Grid Management AG die Beschaffung der letzten Sicherheitsreserve abgeschlossen. Bis zum 1. November sollen insgesamt 20 Terawattstunden Erdgas als staatliche Gasreserve gespeichert werden. Gas ist im absoluten Bedarf vorhanden. Ein Großteil davon wird ab dem 1. August in Haidach eingelagert. 8,5 Terawattstunden Erdgasreserven werden explizit aus nicht-russischem Erdgas geschaffen. Fortschritte sieht Gewessler auch bei der Diversifizierung der Gasversorgung: Mit der Sicherung von 40 TWh Pipelinekapazität der OMV für nicht-russisches Gas und 10 TWh heimischer Produktion sei die Unabhängigkeit von Russland zwar eingeschränkt worden, aber: „Wir haben das Ziel nicht erreicht“. Allerdings hält Gewessler das 80-Prozent-Speicherziel „aus heutiger Sicht noch für erreichbar“. Gewessler sieht keine technischen Gründe dafür, die Erdgaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 wieder zu reduzieren: „Das ist eine Erpressungsstrategie“, ist sich der Minister sicher. (was)