Stand: 27.07.2022 22:46 Uhr                 

Die jüngste große Zinserhöhung der Fed störte die Aktienmärkte nicht. Stattdessen erholte sich die Wall Street aufgrund der Aussicht auf ein langsameres Tempo künftiger Zinserhöhungen.

Wie stark werden die US-Zinsen steigen? Diese Frage beschäftigte die Anleger am Abend. Nachdem die Fed den Leitzins zum zweiten Mal kräftig um 0,75 Prozentpunkte auf 2,25 bis 2,5 % angehoben hat, könnte im September eine weitere Zinserhöhung in dieser Größenordnung folgen. Ein solcher „Jumbo-Zinsschritt“ sei zum nächsten normalen Zeitpunkt im September möglich, sagte Fed-Chef Jerome Powell am Nachmittag nach der Zinssitzung in Washington.

“Die Fed tritt stark auf die Bremse”

Allerdings hängt die Entscheidung von der wirtschaftlichen Entwicklung bis dahin ab. Die Fed werde auch nicht zögern, bei Bedarf einen noch größeren Schritt zu unternehmen, fügte Powell hinzu. „Die US-Notenbank hebt die Zinsen erneut an. Es ist ungewöhnlich, dass sie in so kurzer Zeit so stark drängen“, sagte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.

Hilfskundgebung an der Wall Street

Powell räumte ein, dass die scharfe geldpolitische Straffung der Fed bald Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben könnte. Im Laufe der Zeit könnte daher die hohe Straffungsrate abnehmen. Diese Aussagen sorgten für Erleichterung an den US-Aktienmärkten. Wall Street erweiterte Gewinne. Der Dow Jones legte um fast 1,4 % auf 32.197 zu. Der marktbreite S&P 500 stieg um 2,6 Prozent auf über 4.000 Punkte. Vor allem technologische Werte waren gefragt. Der technologielastige Nasdaq 100 stieg um etwa 4,3 %. Das ist der stärkste tägliche Anstieg seit November 2020.

Der DAX holt auf

Schon vor der Zinsentscheidung waren die Kurse an der Wall Street gestiegen. Dies gab den europäischen Aktienmärkten Auftrieb. Der DAX schloss mit einem Plus von 0,5 % bei 13.100 Punkten. Es war der erste Gewinntag in dieser Woche. Der deutsche Leitindex schloss am Montag und Dienstag mit Verlusten. Der EuroStoxx 50, das Börsenbarometer für die Eurozone, stieg um 0,9 % auf über 3.600 Punkte.

Microsoft und Alphabet glänzen

Positive Aussichten der Tech-Schwergewichte Microsoft und Alphabet sorgten für Zuversicht an den Aktienmärkten. Die Microsoft Group erwartet für das neue Geschäftsjahr ein zweistelliges Umsatz- und Betriebsgewinnwachstum. Trotz sinkender Nachfrage nach PCs steigerte Microsoft den Umsatz um zwölf Prozent auf 51,9 Milliarden US-Dollar und verdiente im letzten Quartal 16,7 Milliarden US-Dollar. Die Aktien schlossen um 6,7 % höher.

Und auch Googles Muttergesellschaft Alphabet zeigt, dass sie gut positioniert ist, um die Marktschwäche besser zu überstehen als ihre kleineren Konkurrenten. Alphabet erzielte im zweiten Quartal ein Umsatzwachstum von 16 Prozent auf knapp 69,7 Milliarden US-Dollar. Die A-Aktien von Alphabet sind um 7,7 % gestiegen.

Mercedes und RWE erhöhen Jahresprognosen

Auch in Deutschland entwickelt sich der Referenzzeitraum relativ positiv. Mercedes meldete solide Quartalsergebnisse und hob seine Ziele für das Gesamtjahr an. Aktien der Autoindustrie legten um 2,8 % zu. Auch RWE hat seine Jahresprognosen dank guter Geschäfte bei Erdgas, Wasser und Biomasse sowie im Energiehandel angehoben. Auf Konzernebene erwartet RWE nun ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) von fünf bis 5,5 Milliarden Euro statt bisher 3,6 bis vier Milliarden Euro. RWE-Aktien legten um mehr als zwei Prozent zu.

Der Erdgaspreis steigt und steigt

Lediglich die Energiekrise schränkte die gute Stimmung an den Aktienmärkten ein. Russland hat am Morgen die Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 weiter gedrosselt. Russlands Gazprom sagte am Montag, dass es aufgrund des Fehlens einer anderen Turbine weniger Erdgas durch die North Stream 1-Pipeline liefern werde. Solange die künftige Energieversorgung Deutschlands nicht reguliert werde, werde der Markt vom politischen Rinnsal im Kreml abhängen, sagte Analyst Jochen Stanzl vom Brokerhaus CMC Markets. Die Gaspreise steigen weiter. Europäische Erdgas-Futures stiegen zeitweise um mehr als 13 Prozent auf 222,50 Euro je Megawattstunde. „Es sieht so aus, als würde die Knappheit alle treffen“, sagte ein Gashändler.

Wirtschaftsupdate vom 27.07.2022

Anne-Catherine Beck, HR, 27.07.2022 10:18 Uhr

Der Verbrauchsindex am Tiefpunkt

Die Angst vor einer akuten Gaskrise im Winter und eine hohe Inflation belasten die Verbraucherstimmung in Deutschland. Das Konsumbarometer der Marktforscher GfK in Nürnberg zeigte für August einen Rückgang um 2,9 Punkte auf minus 30,6 Punkte. Seit 1991, als die Umfrage zur Verbraucherstimmung für ganz Deutschland begann, wurde kein schlechterer Wert gemessen.

Öl wird wieder teurer