Von: Patricia Huber Teilen Gazprom reduziert die Gas-Liefermenge durch Nord Stream 1 erneut. Berlin zweifelt. Die Preise schnellen hoch. Die neusten Informationen zur Gas-Krise im News-Ticker.

EU-Notfallplan in greifbarer Nähe: Es wird mit einer politischen Einigung gerechnet. Das Entsetzen über Putins Vorgehen ist groß. Es ist die Rede von einem „schmutzigen Spiel“. Habecks Wirtschaftsexperten machen Vorschläge zum Energie sparen: Unter anderem ist von einer kalten Woche und von autofreien Sonntagen die Rede. Habeck wütet im TV über Gazprom: Der Wirtschaftsminister spricht nach der Gas-Drosselung von einer „wirtschaftskriegerischen Auseinandersetzung“ Dieser News-Ticker ist beendet. Alle Entwicklungen zur Gas-Krise lesen Sie in diesem News-Ticker.

Update vom 26. Juli, 10.48 Uhr: Durch die zahlreichen Ausnahmen in dem Gas-Notfallplan der EU muss Deutschland in diesem Winter voraussichtlich deutlich mehr einsparen als andere Länder. „Wenn Deutschland mehr macht als 15 Prozent, dann ist es ja auch keine Schande“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstag am Rande eines Sondertreffens der EU-Energieminister in Brüssel. Er erneuerte seine Kritik an den Vorgängerregierungen: Diese hätten mit der Abhängigkeit von russischem Gas „einen strategischen Fehler gemacht“, der nun ganz Zentral- und Osteuropa in Mitleidenschaft ziehe. Insgesamt sei der nun gefundene Kompromiss ein „vernünftiger guter weiterer Schritt“, dem sicher weitere folgen würden, sagte Habeck. Zugleich äußerte er sich besorgt über die vielen Ausnahmen, die auf Druck von Mitgliedsländern wie Spanien oder Irland in der Verordnung vorgesehen sind. Es bestehe die Sorge, dass die einzelnen Länder so lange herumrechneten, bis die Krise vorbei sei. „Das wäre natürlich fürchterlich“, sagte der Minister. Einige Ausnahmen seien jedoch „in der Sache sinnvoll“, sagte Habeck weiter. Er nannte etwa das Herausrechnen des Gasverbrauchs für die Lebensmittelproduktion, damit die EU keine Hungerkrise auslöse.

EU-Notfallplan in greifbarer Nähe: Tschechischer Minister spricht von Putins „schmutzigem Spiel“

Update vom 26. Juli, 9.54 Uhr: Ein Gas-Notfallplan für die EU für diesen Winter ist in greifbare Nähe gerückt: EU-Energiekommissarin Kadri Simson sagte am Dienstag vor einem Sondertreffen der EU-Energieminister in Brüssel, sie rechne mit einer politischen Einigung. Ähnlich äußerte sich der tschechische Industrie- und Handelsminister Jozef Sikela, dessen Land derzeit den Ratsvorsitz innehat. Die weitere russische Gaslieferreduzierung durch die nach Deutschland führende Pipeline Nord Stream 1 vom Montag sei der Beweis, dass Präsident Wladimir Putin „sein schmutziges Spiel des Missbrauchs und der Erpressung mit Gaslieferungen fortsetzt“, sagte Sikela. Die EU müsse deshalb ihre Abhängigkeit von Russland so schnell wie möglich reduzieren. Der tschechische Industrie- und Handelsminister spricht bei den russischen Gas-Lieferungen von einem „schmutzigen Spiel des Missbrauchs und der Erpressung.“ © IMAGO/Katerina Sulova

Habecks Wirtschaftsexperten machen Vorschläge zum Gas sparen

Update vom 26. Juli, 9.21 Uhr: Der wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums hat dem Handelsblatt zufolge Vorschläge zum Einsparen von Gas unterbreitet: So könne die Regierung moderate Preise für eine Grundmenge an Gas setzen, die sich am Verbrauch 2021 messen – für jede Kilowattstunde darüber hinaus müssten Verbraucherinnen und Verbraucher dann den hohen Marktpreis zahlen, auch wenn sie noch langfristige Verträge mit niedrigen Preisen haben. „Dies würde Haushalte gegen große Belastungen absichern und gleichzeitig Anreize für Energieeinsparungen geben“, zitierte das Handelsblatt am Dienstag aus einem Brief des Beirats an Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Zudem schlagen die 38 Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler demnach ein „gemeinsames Absenken der Raumtemperatur in allen Betrieben und öffentlichen Gebäuden für eine Woche“ im Falle eines Gasmangels im Winter vor. Der direkte Effekt sei zwar vernachlässigbar. Aber auch der autofreie Sonntag in der Ölkrise „hat sich in das Bewusstsein einer ganzen Generation als Symbol für die gemeinsame Anstrengung zur Überwindung der Krise eingebrannt“, zitierte die Zeitung aus dem Brief. Bei finanziellen Entlastungen durch den Staat mahnt der Beirat dem Bericht zufolge, Preissignale nicht außer Kraft zu setzen. In dem Fall hätten Verbraucher keinen Anreiz mehr, beim Gasverbrauch zu sparen, zitierte das Handelsblatt. Außerdem müsse klar werden, dass der Staat nicht alle Härten kompensieren könne. „Unsere Volkswirtschaft ist durch die höheren Energiepreise ärmer geworden. Irgendjemand muss die Verluste tragen.“

Habeck wütet im TV über Gazprom: „Wirtschaftskriegerische Auseinandersetzung“

Update vom 25. Juli, 22.10 Uhr: Der Gas-Ausfall ist das bestimmende Thema des Abends auch in den Nachrichtensendungen. In den „Tagesthemen“ der ARD bezog Robert Habeck Stellung zu den neuen Entwicklungen. Auf die Frage, wann denn gar kein Gas mehr aus Russland kommen werde, antwortet der sichtlich angefressene Wirtschaftsminister: „Das wird Gazprom nach eigener Willkür entscheiden.“ Weiter sagt Habeck, die erneute Kürzung sei „keine Überraschung, wenngleich es immer wieder ärgerlich ist, dass Gazprom andere Gründe vorschiebt. Dass sie noch nicht einmal den Mumm haben, zu sagen, ‚Wir sind in einer wirtschaftskriegerischen Auseinandersetzung mit euch‘“, so der Wirtschaftsminister. Die Diskussionen um die Turbinen-Lieferung nach Wartung der Pipeline bezeichnet er als „Farce“. Putin nutze „die Mittel, die er hat“, so Habecks Fazit zur Drosselung des Gas-Flusses auf 20 Prozent. Ein solches Szenario, wie es nun eingetreten sei, sei bereits seit Beginn des Jahres eine „ernste Bedrohung“. „Wenn irgendjemand jetzt sagt ‚Oh wir sind abhängig von russischem Gas und Putin könnte das einsetzen‘ – was haben die Leute denn das letzte halbe Jahr gemacht? Wir sind in einer ernsten Situation, es wird Zeit, dass wir das alle verstehen, dass wir das Gefühl von Es-ist-Sommer- -es-wird-schon-nicht-so-schlimm endlich ablegen.“ Habeck ruft das Land zum Zusammenstehen auf, nach dem Motto: „Putin hat das Gas, aber wir haben die Kraft“. Etwas beruhigende Worte fand Habeck aber auch noch. Es werde weiter Gas kommen, man werde auch weiterhin die Speicher füllen und arbeite daran, dass noch mehr Gas nach Deutschland komme. Wie viel es sein wird und wie schnell sich die Speicher füllen, werde sich allerdings noch zeigen. Für den Grünen-Politiker ist aber auch klar: „Wir werden nicht Gas im Überfluss haben“. Robert Habeck zeigte sich im TV alles andere als begeistert von den Nord-Stream-Plänen Gazproms und fand klare Worte. © Screenshot / ARD

EU-Kommission trifft sich zur Notfall-Planung

Update vom 25. Juli, 20.19 Uhr: Die EU-Kommission sieht die Ankündigungen zu einer weiteren Drosselung der Gaslieferungen aus Russland als Beleg für die Notwendigkeit von gemeinschaftlichen europäischen Notfall-Planungen. Genau diese Art von Szenario habe Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und das Kollegium dazu veranlasst, einen Vorschlag zur Solidarität beim Gassparen vorzulegen, sagte ein Sprecher am Montagabend in Brüssel. Diese Entwicklung bestätige die eigene Analyse und man hoffe, dass der Rat der Mitgliedstaaten an diesem Dienstag eine angemessene Antwort beschließen werde.

Habeck wettert gegen Putin: „Perfides Spiel“

Upadte vom 25. Juli, 19.33 Uhr: Wirtschaftsminister Robert Habeck hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen der angekündigten weiteren Drosselung der Gaslieferungen ein „perfides Spiel“ vorgeworfen. Der Grünen-Politiker sagte der Deutschen Presse-Agentur am Montag: „Es gibt keine technischen Gründe für die Lieferkürzungen. Die Turbine steht zur Auslieferung an Russland bereit.“ Die Ausfuhrdokumente von Siemens Energy lägen vollständig vor, aber Russland verweigere die Ausstellung der Einfuhrdokumente. „Russland bricht Verträge und gibt anderen die Schuld.“ „Putin spielt ein perfides Spiel“, so Habeck. Seine Strategie sei durchsichtig. „Er versucht, die große Unterstützung für die Ukraine zu schwächen und einen Keil in unsere Gesellschaft zu treiben. Dafür schürt er Unsicherheit und treibt die Preise. Dem setzen wir Geschlossenheit und konzentriertes Handeln entgegen. Wir treffen Vorsorge, damit wir durch den Winter kommen“, so der Minister. Update vom 25. Juli, 19.06 Uhr: Für die Ausfuhr einer in Kanada reparierten Turbine für die Gas-Pipeline Nord Stream 1 fehlen nach Angaben von Siemens Informationen des russischen Gazprom-Konzerns. „Der Transport der Turbine ist vorbereitet und könnte sofort starten“, sagte ein Sprecher von Siemens Energy am Montag der Nachrichtenagentur AFP. Alle Dokumente für die Ausfuhr nach Russland lägen seit Anfang vergangener Woche vor. „Was allerdings fehlt, sind erforderliche Zolldokumente für den Import nach Russland. Diese Informationen können nur vom Kunden bereitgestellt werden.“

Bundesnetzagentur reagiert auf Gas-Kürzung durch Nord Stream 1: Keine technische Ursache

Update vom 25. Juli, 18.16 Uhr: Auch die Bundesnetzagentur zweifelt am Grund der Drosselung der Gas-Lieferung durch Nord Stream 1. Nach Informationen der Zuständigen gibt es für die erneute Drosselung der Gasliefermenge durch die Pipeline keine technische Ursache. „Wir haben die Ankündigung zur Kenntnis genommen“, sagte eine Sprecherin der Behörde am Montagabend. Die Bundesnetzagentur beobachte die Lage im engen Austausch mit dem Wirtschaftsministerium und dem Krisenteam Gas genau. „Es gibt nach unseren Informationen keinen technischen Grund für eine Reduktion der Lieferungen“, sagte sie. Update vom 25. Juli, 17.43 Uhr: Die Ankündigung…