Von: Carolyn Gehrmann Aufteilung Soll die Quarantänepflicht bei einer Infektion mit dem Coronavirus aufgehoben werden? Experten sind teilweise sehr unterschiedlicher Meinung. Was sind die Vor- und Nachteile – und was gilt jetzt eigentlich? Berlin – „Infizierte müssen zu Hause bleiben.“ Der Arbeitsplatz darf nicht zum „Sicherheitsrisiko“ werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) weicht weiterhin nicht von seinem vorsichtigen Kurs im Kampf gegen das Coronavirus ab. Im Gegensatz zu einigen seiner Kollegen, die in letzter Zeit eine offenere Linie im Umgang mit dem Virus eingeschlagen haben. Lauterbach halte demnach wenig von den jüngsten Entwicklungen des Kassenärztlichen Bundesverbands-Vorstandsvorsitzenden Andreas Gassen.

Gassen: Omicron ist ‘fast ein Friedensangebot des Virus’. Auf die Absonderungspflicht kann verzichtet werden.

In Gaschens Augen ist die Omicron-Variante „fast ein Friedensangebot des Virus“, daher hält er es für gerechtfertigt, die Quarantänepflicht aufzuheben, um den Personalmangel vielerorts zu lindern. Wer sich nach einer Dreifachimpfung infiziert, „profitiert sogar von einer Infektion, indem er eine Schleimhautimmunität erlangt“, sagte er am Samstag, 23. Juli, der Neuen Osnabrücker Zeitung. Es ist Zeit, zur Normalität zurückzukehren. „Wer krank ist, bleibt zu Hause. Wer sich gesund fühlt, geht zur Arbeit. Dasselbe machen wir mit anderen Infektionskrankheiten wie der Grippe.” Gaschen räumte allerdings ein, dass die Infektionszahlen seit Monaten sehr hoch seien und es wegen der Aussetzung kostenloser Tests für Bürgerinnen und Bürger eine große Dunkelziffer gebe. Allerdings sind die Lektionen fast immer mild.

Corona-Quarantäne: Isolationspflicht führt zu Personalengpässen in Kliniken

Das größte Problem bei den hohen Fallzahlen sieht er darin, dass auch Menschen ohne Symptome mehrere Tage zu Hause isoliert werden müssten, was zu massiven Personalengpässen führen würde. In den Kliniken wird es ausdrücklich erwähnt. Gaschen erntete für seinen Vorschlag viel Kritik, aber auch Zuspruch. FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann teilt Gassens Ansicht. „Das ist ein lösungsorientierter Ansatz“, sagte er am Samstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Die Isolationszeit für Covid-19-Patienten soll nicht mehr staatlich festgelegt werden. So können wir zu einer gewissen Normalität und Ruhe zurückkehren. „Die Frage der Isolationszeit sollte laut Ullmann eine individuelle Entscheidung sein.

Lindner: Corona-Maßnahmen sollen „möglichst viel Eigenverantwortung den Menschen überlassen“

FDP-Chef Christian Lindner äußerte sich in einem Interview mit den Zeitungen der Mediengruppe Funke in anderem Zusammenhang ähnlich und befürwortete die individuelle Wahlfreiheit. Zukünftige Maßnahmen zum Coronavirus, die derzeit im Gesundheits- und Justizministerium diskutiert werden, sollten „möglichst viel Eigenverantwortung bei den Menschen belassen“, berichtet kreiszeitung.de. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holeczek (CSU) kritisierte den Vorschlag allerdings als zur falschen Zeit gekommen. „Wir befinden uns in einem äußerst dynamischen Infektionszustand. Im Herbst rechnen wir mit einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen.” Deshalb hält er es für nicht sinnvoll, jetzt die Isolationsregeln zu lockern. Entsprechend sieht es der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Er warf Gassen “Opportunismus” vor. Isolation ist ein guter Schutz – sie verhindert, dass sich Menschen anstecken. Er erwähnte auch das Risiko, dass die Infizierten Long und Post Covid bekommen, was auch nach milden Verläufen möglich ist, wie es bei Omicron oft der Fall ist. Wie lange Sie sich aktuell selbst isolieren müssen, wenn Sie positiv auf das Coronavirus getestet wurden, ist gesetzlich geregelt. © Fabian Sommer/dpa

Die Sommerwelle des Coronavirus sei “noch nicht ausgebrochen”. Die Zahl der Infektionen steigt weiter an. Besonders betroffen sind ältere Menschen.

Andreas Gassner ist mit seinem Vorschlag nicht allein, aber sein Kurs ist eher die Ausnahme. Angesichts der aktuellen Inzidenzwerte geben die meisten Experten keine Entwarnung. „Die Welle ist noch nicht gebrochen“, sagt Ulf Dittmer, Leiter des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Essen, im Gespräch mit dpa. Aktuell steigen die Fallzahlen trotz hochsommerlicher Temperaturen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) schreibt in seinem Wochenbericht, dass „insbesondere die Altersgruppen ab 70 Jahren“ betroffen seien. Eine Lockerung der Isolationspflicht könnte auch dramatische Auswirkungen auf Pflegeheime und Pflegeheime haben. Wenn Beschäftigte zu früh an den Arbeitsplatz zurückkehren, kann es bei Bewohnern, die aufgrund von Alter und Vorerkrankungen zu der hochanfälligen Gruppe gehören, zu vermehrten Fällen kommen. Aber ist das schon ein Problem? Welche Isolationsregeln gelten eigentlich gerade bei einer Coronavirus-Infektion?

Corona: Quarantäne oder Isolation? Was ist, wenn der Test positiv ist?

Zunächst einmal: Maßnahmen gegen das Coronavirus sind Ländersache. Daher gibt es keine allgemeinen Schutzregeln für ganz Deutschland. Über die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen entscheiden die Bundesländer im Hinblick auf den regionalen Kontaminationsprozess individuell. Allerdings hat die Bundesregierung eine gemeinsame Empfehlung zu Quarantäne- und Isolationsregeln herausgegeben, die auch von den Bundesländern umgesetzt wird. Am 2. Mai 2022 wurde die Isolationspflicht verkürzt. Doch Quarantäne und Isolation sind nicht dasselbe: Personen mit Verdacht auf eine Coronavirus-Infektion sollen in Quarantäne, also wenn sie zuvor Kontakt zu einer infizierten Person hatten oder von einer Reise in ein Virus-Varianten-Gebiet zurückkehren. Eine Isolierung ist erforderlich, wenn eine Coronavirus-Infektion durch Antigen-Schnelltest oder PCR-Test nachgewiesen wurde. Wenn klar ist, dass Sie mit dem Virus infiziert sind, besteht derzeit eine Verpflichtung, sich zu Hause zu isolieren. Wichtig: Auch vollständig geimpfte Personen, die positiv getestet wurden und keine Symptome aufweisen, müssen sich in Isolation begeben. Besucher von außerhalb Ihres Haushalts sind nicht gestattet. Laut Gesundheitsministerium endet die Isolation fünf Tage nach dem ersten positiven Testergebnis. Es wird jedoch dringend empfohlen, die Isolierung nach dem fünften Tag fortzusetzen, bis ein negatives Testergebnis vorliegt.

Die Isolation für Gesundheitspersonal kann je nach Verlauf länger sein – es muss zuerst ein negativer Test vorliegen.

Für Personen, die im Gesundheits- oder Pflegebereich tätig sind, gilt grundsätzlich: Die Tätigkeit darf nur nach negativem Schnelltest oder PCR wieder aufgenommen werden. Voraussetzung ist allerdings, dass sie zuvor mindestens 48 Stunden beschwerdefrei waren. Das Gesundheitsministerium begründet die Verkürzung der Isolation damit, dass laut Studien die Ansteckungszeit eines Infizierten bei Omikron deutlich kürzer sei als bei früheren Varianten wie Delta. Allerdings gehen die Expertenmeinungen zur Dauer der Kontaminationsgefahr bei Omicron auseinander, wie fr.de berichtet. Studien zeigen, dass Schneidezähne das Virus später als fünf Tage übertragen können. Daher ist es für Erkrankte ratsam, sich nach den vorgeschriebenen fünf Tagen Isolation weiter zu testen und erst bei negativem Ergebnis wieder mit Menschen auszugehen – auf eigene Gefahr und zum Schutz anderer.